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Isaak der Syrer

Isaak der Syrer

Der heilige Paisios der Agiorit las und liebte den heiligen Isaak den Syrer und empfiehlt diesen zur Lektüre, auch wenn er nicht einfach zu verstehen ist, da er nicht von Theorien schreibt, sondern von der gelebten und erfahrenen Glaubenspraxis.

 

Asketische Reden. Rede 11

Darüber, dass der Diener Gottes, welcher durch weltliche Dinge verarmt und dazu gekommen ist, nach Gott zu verlangen, sich nicht fürchten muss, wenn er zur Erkenntnis der Wahrheit gelangt ist; auch soll er nicht aufhören, nach Gott zu verlangen und seine Wärme erkalten zu lassen, welche durch das göttliche Verlangen und die Studie der göttlichen Mysterien entstanden ist, da aufgrund der Angst geschieht, dass die Geisteskraft (nous) durch die Erinnerung an die Leidenschaften aufgewühlt wird.

Drei Klassen sind es, durch welche der Mensch in der Tugend vorankommt. Die erste ist die Klasse der Anfänger, die zweite ist die mittlere der Kämpfenden und die dritte die Klasse der Vollkommenen. Doch jenem, welcher sich in der ersten Klasse befindet, auch wenn sich seine Gesinnung zum Guten neigt, wird sein nous doch immer noch durch die Leidenschaften bewegt. Die zweite befindet sich zwischen dem leidenschaftlichen und dem leidenschaftslosen Zustand. Dabei bewegen sich in ihm sowohl gute als auch schlechte Gedanken, und ohne auch nur eine geringe Unterbrechung quellen aus ihm sowohl das Licht als auch die Dunkelheit hervor. Wenn er auch nur ein wenig durch das fortwährende Lesen der heiligen Schriften sowie die Vorstellung des göttlichen Sinns pausieren könnte, von welchen er ergriffen wird auf die Weisen Gottes je nach seinem Vermögen. Dabei schützt er sich vor den äußeren Dingen, und durch diesen äußerlichen Schutz entsteht auch der innere Schutz des Herzens wie auch das entsprechende Werk der Tugenden, doch leicht wird jener durch die Leidenschaften angezogen. Wenn jener jedoch sein Verlangen nach dem Besagten vergrößert und nicht damit aufhört, diesen (göttlichen Sinn) zu prüfen und zu erforschen, solange er noch nicht verstanden und auch keine göttliche Offenbarung geschaut hat, dann nährt er durch seine Lektüre der heiligen Schriften seine Gedanken und will sie festhalten, damit sie sich nicht zu den Leidenschaften hinwenden und er nicht ein teuflisches Samenkorn in Gestalt von Wahrheit empfängt. Auch möchte er sogar mit Hingabe seine Seele beschützen und nach Gott verlangen, mit schmerzlicher Sehnsucht und ausdauerndem Gebet und Geduld. Und Gott will ihm seine Bitte erfüllen und ihm die Tür seines Erbarmens öffnen, vor allem wegen dessen Demut, da die Mysterien Gottes nur den Demütigen offenbart werden. Wenn jemand mit dieser Hoffnung sterben wollte, auch wenn er nicht einmal ein klein wenig das Land der Vollkommenheit aus der Nähe geschaut hat, so glaube ich doch, dass sein Erbteil bei den alten Gerechten sein soll, welche hofften, bis zur Vollkommenheit zu gelangen, sie jedoch nicht erreichen konnten, wie er Apostel Paulus sagt: Dass sie wegen der Hoffnung während ihres ganzen Lebens die Tugend übten und so starben. Doch was sollen wir sagen, wenn der Mensch es nicht schafft, ins Gelobte Land zu kommen (das bedeutet, dass er bewusst die Gnade des Heiligen Geistes in seinem Herzen empfängt), welches ein Typos der Vollkommenheit ist; das heißt dahin zu gelangen, die Wahrheit offen nach dem Maß seiner geistigen Kraft zu schauen? Wird er deshalb etwa davon abgehalten und verbleibt in der letzten Klasse, deren ganze Aufmerksamkeit sich dem Schlechten zuwendet? Oder bleibt er, weil er nicht die ganze Wahrheit verstanden hat, wohl in der schwachen letzten Klasse, welche weder diese Dinge kennt noch nach ihnen verlangt? Oder sollte dieser doch noch auf diesen mittleren Weg erhöht werden, über den gesprochen wurde? Denn auch, wenn er sie nicht gesehen hat, höchstens durch einen Spiegel, aber aus der Ferne darauf hoffte und mit dieser Hoffnung verstarb, wurde er mit seinen Vätern zusammen begraben. Und falls er nicht der vollkommenen Gnade hier gewürdigt wurde, aber da er sich um diese gesorgt hat und durch seinen nous ständig mit ihr verkehrte und sie sein ganzes Leben lang herbeigesehnt hat, so kann er seine schlechten Gedanken doch von sich werfen. Und weil durch diese Hoffnung sein Herz ganz von der Gnade Gottes erfüllt ist, verlässt er diese Welt.

Eine jegliche Sache, die Demut hat, ist schön und wohlgestaltet. Denn die körperlose Beschäftigung und die Erforschung des nous in der Sehnsucht und Liebe zu Gott, welche durch das Verständnis der heiligen Schriften geführt wird, beschützt die Seele vor en inneren schlechten Gedanken und hält den nous in dem Gedenken der zukünftigen Güter, damit er durch seine Nachlässigkeit nicht erschlafft und statt der Erforschung der hohen Theorie mit der Erinnerung der weltlichen Dinge beschäftigt ist. Dadurch würde Stück für Stück die Wärme jener wunderbaren Bewegungen erkalten und er würde in sinnlose und eitle Sehnsüchte fallen. Unserem Gott sei die Verherrlichung in die Ewigkeiten. Amin.

 

Deutsch Ismini-Maria und p. Martinos

Isaak der Syrer