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Seliges Schweigen. Nikolaos Savvoudis, ein verborgener Heiliger im Alltag.

 

Seliges Schweigen.  Nikolaos Savvoudis, ein verborgener Heiliger im Alltag.Kapitel 9 in: Asketen in der Welt, 103-107

 

Nikolaos Savvoudis wurde 1899 in Gyalí Tsiphlíki in Kleinasien geboren. Nach der Vertreibung der Griechen aus Kleinasien kam er als Flüchtling im Dorf Vatopédi auf der Chalkidikí an. Als er ins heiratsfähige Alter kam, heiratete er und aus dieser Ehe ging ein Tochter hervor und weitere Enkel. Seine Gattin hatte einen schwierigen Charakter, ebenso sein Schwiegersohn. Ihnen begegnete er jedoch in großer Ruhe.

Ganz allgemein war er ein ruhiger Mensch. Er lebte wie ein Asket, fastete streng, las kirchliche und asketische Bücher, die er aus der “Heimat” mitgebracht hatte, und gab seinen Enkeln Ratschläge, mit denen er ihnen Rüstzeug für das Leben mitgab.

Die Woche über hütete er Schafe. Am Samstag Nachmittag kehrte er ins Haus zurück und bereitete sich für die Göttliche Liturgie des Sonntags vor. In der Kirche diente er, indem er die Öllampen anzündete und dem Priester half.

Er tat gute Werke. Während der deutschen Besatzung versteckte er einen Engländer um sein Leben zu retten, kümmerte sich um ihn, als er erkrankte, und beherbergte ihn, solange es erforderlich war.

Als ein Dorfnachbar starb, dessen Familie sehr arm war und das Geld für die Bestattung nicht aufbringen konnte, ging Nikolaos heimlich zu ihrem Haus und hinterließ dort Geld. Nie erfuhren die Hausbewohner, welcher “gute Engel” ihnen diese Hilfe geschickt hatte.

Häufig beherbergte er in seinem Haus Reisende, die im Dorf übernachten mussten.

Auch Gerontas Grigórios, geistlicher Vater des Klosters des Ehrwürdigen Vorläufers in Metamorphosis hat Nikolaos Savvoudis kennengelernt und erzählt folgendes:

“Ich befand mich im Dorf Vatopedi auf der Chalkidiki. Gerade angekommen unterhielt ich mich im Schatten einer Kiefer mit fünf-sechs Dorfbewohnern. Wenig später erschien dort ein Mann mittleren Alters, um die fünfzig, grüßte und stellte sich schweigend etwas abseits. Einer der Dorfbewohner sagte mir: ‘Der da geht um Mitternacht in die Kirche und zündet die Öllampen an, damit die Heiligen sehen können’.

So lernte ich Barba-Nikolaos Savvoudis kennen. Da ich häufig in das Dorf Vatopedi auf der Chalkidiki ging, sah ich ihn immer wieder, schweigsam, ruhig und ausgeglichen. Immer als erster war er in der Kirche. Er stand neben dem Sängerpult und folgte dem Sänger flüsternd. Nur dort hörte man seine Stimme ganz leise. Man konnte gerade noch verstehen, dass er sang. Das Vaterunser sprach er, das war immer sein Part.

Ein Rätsel war Barba-Nikolaos. Eines Tages besuchte ich ihn in seiner Wohnung – ein Halbkeller, sehr einfach, ohne Luxus, mit Zementestrich, sehr asketisch -, um ihn etwas besser kennenzulernen. Im oberen Stockwerk wohnte sein Schwiegersohn, welcher ihn, was ich später erfuhr, sehr schlecht behandelte. Jener war ein sehr nervöser Mensch, doch Barba-Nikolaos verlor kein Wort über ihn. Man hätte meinen können, er hätte keine Sprache. Doch Barba-Nikolaos konnte nicht nur sprechen, er las sogar die Kirchenväter.

Dort sah ich außer dem heiligen Damaskinos auch andere Väter, welche aus der Philokalia und auch andere. Alle diese Bücher studierte Barba-Nikolaos, und es wird sichtbar, wie er versuchte, die Lehre der Kirchenväter in Anwendung zu bringen. Deshalb war er außer dem Schweigen auch mit anderen Tugenden ausgestattet. Nie befasste er sich mit anderen. Auch wenn die Dorfnachbarn über ihn spotteten, begegnete er ihnen mit seinem Schweigen und mit einem leichten Lächeln.

Nach dem, was ich sah, muss er eine große Askese geübt und das Gebet geliebt haben. Niemand jedoch weiß, welche Gebete er alleine mit Gott gemacht hat. Viele Geheimnisse nahm er mit sich, weil er so schweigsam war. Von den Dorfbewohnern erfuhr ich, dass er vom Geld lebte, das ihm ein ehemaliger englischer Offizier schickte. Der tat es aus Dankbarkeit, weil Barba-Nikolaos ihn während der deutschen Besatzung unter Lebensgefahr in seinem Haus versteckte und ihn so vor den Deutschen rettete.

Am 24. Nobember 1969 wurde mir mitgeteilt, dass der tugendhafte und ruhige Nikolaos seine Augen geschlossen hatte. Ich ließ alles stehen und begab mich nach Vatopedi. Wir lasen den Totengottesdienst und “pflanzten” (begruben) ihn ein, wie die Dorfbewohner zu sagen pflegten, damit er in der Ewigkeit blühen möge. Sein Gesicht strahlte still im Sarg, man hätte meinen können, er schliefe.

Drei Jahre vergingen nach seiner Entschlafung und drei fromme Frauen, gute Bekannte von mir, gingen, um ihn auszugraben, um seine Gebeine zu heben. Als sie seinen Leichnam fanden, waren sie erstaunt. Er war unversehrt, hellgelb und strömte Wohlgeruch aus. Frau Barbara, eine der drei, hob ihn ein wenig mit ihren Händen und stellte fest, dass er sehr leicht war. ‘Als sei er nur Haut und Knochen’, wie man sagt.

Überrascht über das einzigartige und unerwartete Geschehen wussten sie nicht, was sie tun sollten und hielten es für das Beste, den ehrwürdigen Leichnam des seligen Nikolaos Savvoudis wieder zu bestatten.”

Ewig sein Gedächtnis. Amin.

 

Deutsch von Ismini-Maria und p. Martinos Petzolt

Seliges Schweigen. Nikolaos Savvoudis, ein verborgener Heiliger im Alltag.