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Sonntag des verlorenen Sohnes, Lk 15,11-32

Sonntag des verlorenen Sohnes, Lk 15,11-32

 

Die Zeit des Triodion hat begonnen. Und wir bereiten uns auf die Große Fastenzeit vor. In Stufen führt uns die Kirche zur Zeit des Fasten. Nach der letzten fastenfreien Woche haben wir noch eine letzte normale Woche vor uns, bevor wir am nächsten Sonntag zum letzten Mal vor Ostern Fleisch essen.

Aber auch die Perikopen der Evangelien dieser Tage bereiten uns auf die Fastenzeit vor. Seit letztem Sonntag singen wir nach dem Auferstehungsevangelium und dem 50. Psalm: „Die Pforte der Buße öffne mir, Lebenspender“. Das ist das Thema der ganzen Fastenzeit, ja unseres ganzen Lebens, aber besonders in dieser Vorbereitungszeit vor der Fastenzeit.

Am letzten Sonntag wurde uns der Zöllner vor Augen gestellt, der nicht wagte, den Blick im Tempel zu erheben und sich auf die Brust schlug und aufrichtig bat: Gott sei mir Sünder gnädig, während vorne im Tempel der Pharisäer stand. Im Grunde war der Pharisäer kein schlechter Mensch. Das Gesetz hielt er sogar vorbildlich: er fastete und hielt alle Gebote Gottes genau ein. Jedoch war stolz, hatte eine hohe Meinung von sich und glaubte, er sei besser als die anderen Menschen. Er urteilte und verurteilte seine Mitmenschen als schwach und unvollkommen, eben als Sünder. Seine größte Sünde war aber nicht, dass er sich höher stellte als die anderen und kritisierte, sondern dass er die anderen verachtete.

Auch in der heutigen Perikope stellt der Herr uns zwei verschiedene Charakteren vor, den guten Sohn, der immer die Gebote seines Vaters befolgt hat, und den missratenen Sohn, der vom Vater weggelaufen ist. Aber der gute Sohn ist wie ein Pharisäer geworden, der stolz auf seinen Gehorsam war und seinem Bruder die Liebe des Vaters nicht gönnte, der neidisch war und der seinen Bruder sogar verachtete. Wen aber kritisierte der Vater: Den verlorenen Sohn, der seine gesamte Erbschaft, also die Hälfte des Besitzes des Vaters vergeudet hat und sich damit ein sündhaftes Leben in Ausschweifung und Verkommenheit finanzierte, bis er in denn völligen sozialen Abstieg geraten ist und sogar krank wurde, oder den guten, rechtschaffenen, treuen Sohn?

Kein Wort des Vorwurfes richtet der Vater an den verschwenderischen Sohn, nur Freude und Umarmung: „Denn mein Sohn war tot und lebt wieder“. Widerspruch hingegen erfährt der treue Sohn, der ein hartes Herz zeigt, sowohl gegen seinen Vater wie auch gegen seinen Bruder, dem er alle Sünden vorwirft, aber dessen Reue und Umkehr er nicht anerkennt. Lieblosigkeit ist also schlimmer als alle anderen sündigen Taten, einen Reuigen abzulehnen und nicht barmherzig zu sein, ist die größte Sünde.

Wir ähneln vermutlich oder hoffentlich eher dem weggelaufenen Sohn, der die Liebe des Vaters überhaupt nicht verdiente, der das ganze Erbe vergeudet hat, der aber demütig war, der zurückkam, der sich als Sünder bezichtigte, der um Verzeihung bat, der nichts von seinem Vater erwartete – nicht einmal Vergebung-, der umkehrte. Zumindest erwartet der Herr, dass wir dem verlorenen Sohn ähneln. Wir sollen umkehren, damit der Lebensspender uns der Umkehr Türen öffne.

Von p. Martinos

Sonntag des verlorenen Sohnes, Lk 15,11-32